Delir Informationen für Patient*innen und Angehörige

Delir Informationen für Patient*innen

Ein Delirium ist eine plötzlich auftretende Bewusstseinsstörung. Die Patient*innen zeigen eine Veränderung der kognitiven Funktion im Sinne einer Wahrnehmungsstörung. Sie sind meistens desorientiert, haben Wahnvorstellungen, leiden unter Schlafstörungen, haben Ängste  und Probleme sich auszudrücken Die wechselnden Symptome entwickeln sich innerhalb kurzer Zeit. Weitere Delir Informationen für Angehörige finden Sie weiter unten.

Das Delir ist eine häufig vorkommende Folge nach einer Operationen. Es wird vor allem auf Intensivstationen beobachtet. Besonders betroffen sind Patient*innen im hohen Lebensalter, mit Vorerkrankungen wie Demenz, Depressionen, Seh- oder Hörminderungen sowie nach größeren Operationen ( z.B. Herzoperationen, Implantation von Hüftprothesen oder Tumoroperationen).

Wie kann ich einem Delir vorbeugen?

KategorienMaßnahmen
Tagesstruktur und MobilisierungUhr/Kalender
-Tageslicht
-Frühmobilisation und andere aktivierende Maßnahmen (Physiotherapie, Ergotherapie)
-klare Tagesstruktur in der Versorgung
-kognitive Stimulation nach Anamnese, z. B. Hörbuch
Wiederherstellen der Autonomie, z. B. Blasen- und Darmfunktion, Essen, Trinken
-Immobilisierung auf Anordnung, Mobilisierung nach Stufenschema
LärmTüren geschlossen halten
-Alarme anpassen
-Nebengespräche vermeiden
-Telefone auf Vibrationsalarm
-TV- und Radio-Lärm vermeiden
-Lärmampel bzw. Lärmohr
-bauliche Maßnahmen, z. B. Türstopper in Schränken
SchlafSchlafanamnese
-Besucherfrequenz lenken
-Schlafbrillen anbieten
Ohrstöpsel anbieten
-Clusterung von (pflegerischen) Tätigkeiten
-Ruhezeiten normalisieren
-Sedierungsregime überdenken
Re-OrientierungBilder von „zu Hause“, sichtbare Uhr, Tageszeit im Zimmer
-„Back to daily business“ ermöglichen, sichtbarer Kalender im Zimmer
-Bettplatzwechsel vermeiden
-Primary Nursing
-vertikale Positionierung
Wünsche berücksichtigen (Nahrung)
KommunikationKommunikation ermöglichen, z. B. Sprechventil
-Situation erklären, auch wiederholt
-Brille/Hörgerät, bei Bedarf Zahnprothese
-basale Stimulation (initial Berührung)
-Augenkontakt halten
-beantwortbare Fragen stellen
-Fixierungen vermeiden inkl. unnötige Katheter, Drainagen etc.
BezugspersonenAngehörige/Freunde
-an Kinder denken!
-Bilder von der Familie, aber auch z. B. Tieren
-Informationsfluss steuern
-Psychoedukation
mitgebrachte Lieblingsspeisen
-Konstanz der Pflegekräfte


Aus: Yürek et al. Wie können postoperativ ein Delir und eine neurokognitive Störung verhindert werden? Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2019; 54(11/12): 669-683: Monke S, von Haken R, Nydahl P. et al. Delir-Netzwerk – ein Appell zum Schulterschluss der Disziplinen für ein interprofessionelles Delir-Management. DIVI 2017; 1: 24
52 Kaltwasser A, Dubb R, Hermes C. et al. Sedierungen vermeiden. Heilberufe 2015; 67: 32-34
53 Radtke FM. Detektion und Prävention des postoperativen Delirs [Habilitation]. Berlin: Charité – Universitätsmedizin Berlin; 2013. Im Internet: http://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/9145 Stand: 18.09.2019

Delir Informationen für Angehörige

Ein Delir ist ein gefährlicher Krankheitskomplex, aber Ihr liebevoller Umgang mit dem Patienten kann die Vorbeugung und Heilung unterstützen. Hier finden Angehörige nützliche Delir Informationen für den Umgang mit Patient*innen.

Wie kann ich einem Delir bei meinem Angehörigen vorbeugen?

In der folgenden Tabelle können Sie sich darüber Informieren, wie Sie einem Delir bei Ihren Angehörigen vorbeugen können.

KategorienMaßnahmen
Tagesstruktur und MobilisierungUhr/Kalender
-Tageslicht
-Frühmobilisation und andere aktivierende Maßnahmen (Physiotherapie, Ergotherapie)
-klare Tagesstruktur in der Versorgung
-kognitive Stimulation nach Anamnese, z. B. Hörbuch
Wiederherstellen der Autonomie, z. B. Blasen- und Darmfunktion, Essen, Trinken
-Immobilisierung auf Anordnung, Mobilisierung nach Stufenschema
LärmTüren geschlossen halten
-Alarme anpassen
-Nebengespräche vermeiden
-Telefone auf Vibrationsalarm
-TV- und Radio-Lärm vermeiden
-Lärmampel bzw. Lärmohr
-bauliche Maßnahmen, z. B. Türstopper in Schränken
SchlafSchlafanamnese
-Besucherfrequenz lenken
-Schlafbrillen anbieten
Ohrstöpsel anbieten
-Clusterung von (pflegerischen) Tätigkeiten
-Ruhezeiten normalisieren
-Sedierungsregime überdenken
Re-OrientierungBilder von „zu Hause“, sichtbare Uhr, Tageszeit im Zimmer
-„Back to daily business“ ermöglichen, sichtbarer Kalender im Zimmer
-Bettplatzwechsel vermeiden
-Primary Nursing
-vertikale Positionierung
Wünsche berücksichtigen (Nahrung)
KommunikationKommunikation ermöglichen, z. B. Sprechventil
-Situation erklären, auch wiederholt
-Brille/Hörgerät, bei Bedarf Zahnprothese
-basale Stimulation (initial Berührung)
-Augenkontakt halten
-beantwortbare Fragen stellen
-Fixierungen vermeiden inkl. unnötige Katheter, Drainagen etc.
BezugspersonenAngehörige/Freunde
-an Kinder denken!
-Bilder von der Familie, aber auch z. B. Tieren
-Informationsfluss steuern
-Psychoedukation
mitgebrachte Lieblingsspeisen
-Konstanz der Pflegekräfte


Aus: Yürek et al. Wie können postoperativ ein Delir und eine neurokognitive Störung verhindert werden? Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2019; 54(11/12): 669-683: Monke S, von Haken R, Nydahl P. et al. Delir-Netzwerk – ein Appell zum Schulterschluss der Disziplinen für ein interprofessionelles Delir-Management. DIVI 2017; 1: 24
52 Kaltwasser A, Dubb R, Hermes C. et al. Sedierungen vermeiden. Heilberufe 2015; 67: 32-34
53 Radtke FM. Detektion und Prävention des postoperativen Delirs [Habilitation]. Berlin: Charité – Universitätsmedizin Berlin; 2013. Im Internet: http://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/9145 Stand: 18.09.2019

Was kann ich als Angehörige/r im Falle eines Delirs tun?

Ihr Familienmitglied hat eine Operation hinter sich und ist nun seit ein paar Tagen im Krankenhaus. Sie beobachten, dass er/sie sich nun anders verhält als zu Hause. Vielleicht kommt er/ sie Ihnen verwirrt vor. Es könnte ein postoperatives Delir vorliegen.

Angehörige können eine wertvolle Rolle spielen und dem Patienten/ die Patientin beim Genesungsprozess unterstützen. Angehörige können dem Patienten/ der Patientin Stabilität und Sicherheit geben und so den Weg zurück in die Realität erleichtern.

Was können Sie konkret tun? Hier ein paar Tipps und konkrete Delir Informationen.

– Melden Sie als erstes den veränderten Bewusstseinszustand der zuständigen Pflegekraft

– Bitte besuchen Sie Ihren Angehörigen wann immer dies möglich ist

Bringen Sie medizinische Unterlagen(z.B. Medikamentenliste)

– Sprechen Sie langsam, ruhig und in einfachen ,kurzen Sätzen

Formulieren Sie verständliche Anweisungen und führen Sie Gespräche über Themen, die den Patienten interessieren

Sorgen Sie dafür, dass der Patient immer Brille, Hörgerät oder Zahnersatz griffbereit hat

– Bitte versuchen Sie Ihre Angehörigen, an Informationen zu seiner Person und seinem Aufenthaltsort und Wochentag zu erinnern

-Leisten Sie Ihrem Angehörigen Gesellschaft, gehen Sie wenn möglich an die frische Luft, spielen Sie Gesellschaftsspiele oder lösen Sie Kreuzworträtsel

– Unterstützen Sie nicht die Wahnvorstellungen nicht, sondern stellen Sie den Bezug zur Realität her ( “ Du bist hier im Krankenhaus und wirst auch noch ein paar Tage hierbleiben. “ )

– Bringen Sie vertraute Objekte, z.B. persönliche Gegenstände und Fotos von Familie und Freunden mit

– Helfen Sie dem Stationspersonal dabei, die Äußerungen des Patienten., z.B. Wünsche, zu verstehen

– Helfen Sie dabei, eine Tag-Nacht-Routine einzurichten, um den Schlaf zu unterstützen

– Ermutigen Sie Ihren Angehörigen zu körperlicher Aktivität: auf einem Stuhl zu sitzen ist besser als im Bett zu liegen

– Ermutigen Sie ihn, die Medikamente einzunehmen und regelmäßig zu essen und zu trinken

Delir Informationen für Angehörige

Delir Informationen am Fallbeispiel

Der Begriff Präventionsmaßnahmen zur Prävention des postoperativen Delirs umschließt alle Maßnahmen, die zur Vorbeugung eines postoperativen Delirs vorgenommen werden, damit Patienten kein postoperatives Delir erleiden. (Link was ist Delir)

Bei Ihnen selbst oder Ihrem Angehörigen soll eine Operation durchgeführt werden und vielleicht besteht ein erhöhtes Risiko für ein postoperatives Delir.

Viele Fragen kommen Ihnen zu diesem Thema in den Kopf. Was ist überhaupt ein postoperatives Delir? Kann man es vermeiden? Kann man es behandeln, wenn es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einem postoperativen Delir kommt? Wie läuft die Delirprävention und –Behandlung konkret an der Charité ab?

Um Ihnen auf all diese Fragen einige Antworten zu geben, zeigen wir Ihnen anhand eines Fallberichtes einer Patientin den Ablauf des Delir-Präventions- Projektes an der Charité auf.

Frau Müller ist 86 Jahre alt und soll ein neues Knie bekommen. Frau Müller ist noch rüstig und versorgt sich selbst zuhause. Da das linke Knie jetzt jedoch zunehmend schmerzt und dadurch der normale Alltag stark eingeschränkt ist, möchte sie sich operieren lassen, um sich noch möglichst lange selbstständig versorgen zu können.

Mit ihrem behandelnden Orthopäden ist alles besprochen, der OP-Termin steht schon fest, sie soll nächste Woche am Abend vor der OP im Krankenhaus aufgenommen werden.

Zwei Tage vor der Einweisung ins Krankenhaus trifft Frau Müller ihre Nachbarin, die ihr erzählt, dass ihr Ehemann seit einer Hüft-Operation vor 3 Monaten „nicht mehr ganz klar im Kopf“ sei und deshalb mehr Hilfe von seiner Ehefrau benötigt, da er ständig Dinge vergesse. Ähnliche Geschichten hat Frau Müller auch aus ihrem Bekanntenkreis zu hören bekommen.

Frau Müller macht sich daher viele Gedanken: Kann mir das auch passieren? Kommt das von der Narkose?  Habe ich ein erhöhtes Risiko, dass ich nach der OP auch nicht mehr „ganz klar im Kopf bin“? Kann man verhindern, dass so etwas nach einer Narkose passiert?

All diese Fragen nimmt Frau Müller zunächst unbeantwortet mit ins Krankenhaus.

Am Tag der Aufnahme ins Krankenhaus geht Frau Müller zur Anästhesiologischen Ambulanz. Dort wird sie für das Narkoseverfahren aufgeklärt.

Eine Schwester führt mit ihr zunächst Testungen durch. Frau Müller muss den Gang hoch und runter gelaufen, dsie Zeit wird dabei gestoppt, zudem wird mit einem speziellen Gerät die Handkraft gemessen und Frau Müller muss sich Worte merken sowie eine Uhr malen. So ganz versteht Frau Müller noch nicht, was das alles soll, doch bei dem Gespräch mit dem Anästhesisten klären sich einige Fragen.

Der Anästhesist stellt viele Fragen, unter anderem zu Vorerkrankungen an Herz, Lunge, Stoffwechsel und Nervensystems. Dann hat auch Frau Müller eine Frage: „Wozu wurden denn die ganzen komischen Tests gemacht? Eine Uhr malen? Ich bin zwar schon älter, aber verrückt bin ich noch nicht!“

Der Anästhesist antwortet geduldig auf Ihre Fragen: „So ähnlich, wie man mit einem EKG Informationen über Herztätigkeit bekommen kann, kann man mit diesen Testungen messen, ob und welche Auswirkungen das Alter auf die körperlichen und geistigen Funktionen genommen hat. Diese Informationen sind für den Anästhesisten genauso wichtig vor einer Operation wie die Ergebnisse eines EKGs oder von Blutwerten. Diese Messungen werden ab einem Alter von 70 Jahren bei uns routinemäßig durchgeführt, da man in wissenschaftlichen Studien zeigen konnte, dass man ältere Patienten mit den so gewonnenen Informationen besser vor, während und nach einer Operation versorgen kann. Diese Testungen sind dazu da, um typische altersbedingte Einschränkungen wie zum Beispiel reduzierte Muskelkraft und Schrittgeschwindigkeit oder Hirnfunktionsstörungen messen zu können. Man nennt die Testung „Frailty-Assessement“- das ist Englisch und bedeutet so viel wie „Einschätzung der Gebrechlichkeit“.

Frau Müller brennt schon gleich die nächste Frage unter den Nägeln: „Mein Nachbar ist seit einer Hüft-Operation nicht mehr derselbe, sein Denken scheint gestört und obwohl er mit der neuen Hüfte wieder besser laufen kann, braucht er deshalb im Alltag mehr Hilfe. Wie hoch ist das Risiko, dass mir sowas auch passiert?“

Der Anästhesist kann auch hierauf Antwort geben und Frau Müller weitere Delir Informationen geben: „Ein postoperatives Delir ist eine Störung des Denkens, der Aufmerksamkeit, Wachheit und der Wahrnehmung als Folge einer Operation oder von medizinischen Komplikationen. Ein postoperatives Delir kann bei jedem Patienten theoretisch auftreten. Wir sehen es bei älteren Patienten am häufigsten, weil mit zunehmendem Alter auch vermehrt Risikofaktoren für ein postoperatives Delir auftreten. Dazu gehören Vorerkrankungen, Medikamente, altersbedingte Funktionseinschränkungen (kognitiv und/oder physikalisch), aber auch Infektionen, Schmerzen, Störungen im Blutbild, gestörte Organfunktionen wie zum Beispiel eine eingeschränkte Herz- oder Nierenfunktion. Das Risiko für die Entwicklung eines Delirs wird zum einen durch Faktoren bestimmt, die der Patient mitbringt: generell gilt, je mehr Vorerkrankungen und Funktionseinschränkungen vorhanden sind, desto höher kann das Delirrisiko nach einer Operation sein. Aber auch die Narkose und die Dauer und der Schwierigkeitsgrad der Operation haben einen großen Einfluss auf die Entwicklung eines Delirs. Generell gilt: je kränker der Patient und je größer der Eingriff, desto größer ist das Risiko für ein postoperatives Delir. Und je größer das Risiko, desto mehr vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung eines Delirs sind notwendig. Deshalb ist eine genaue Einschätzung der Risikofaktoren vor der Operation so wichtig. Falls Sie weitere Delir Informationen wünschen, können Sie gerne weiter Fragen stellen.